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Der sogenannte Digital Workplace ist in aller Munde. Er ist elementarer Bestandteil der (internen) digitalen Transformation von Unternehmen und schafft die Grundlage für vernetztes und anderes Arbeiten. Der Digital Workplace bezeichnet dabei in der Regel eine technologische Plattform oder Arbeitsumgebung.

Auf Wikipedia findet sich z.B. die folgende Definition:

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“Ein Digital Workplace (digitaler Arbeitsplatz) ist eine zentrale digitale Arbeitsplattform, die Informationen, Tools und Services ortsungebunden zur Verfügung stellt. Als organisationsinternes Webportal stellt es eine Weiterentwicklung des Intranets dar. Der Digital Workplace ist ein Sammelbegriff für Werkzeuge, die es ermöglichen, kollaborativ zu arbeiten und Informationen auszutauschen und dies mit unersetzlichen Unternehmens-Anwendungen in Einklang zu bringen.”

Teurer Digital Workplace ohne Benefits

Unternehmen investieren also (viel) Geld in Lizenzen für eine neue Plattform, in Entwickler und Designer um diese Plattform gemäß dem Corporate Design anzupassen und eine hohe User Experience zu implementieren und mit etwas Glück wird sogar auch Budget für Berater und Experten bereitgestellt.

Und dann passiert erstmal nichts. Der Digital Workplace wurde mit einigem Invest eingeführt, aber die Mitarbeiter nutzen die neue Plattform nur widerwillig für das Nötigste und die erhofften Effekte wie z.B. transparente Kommunikation, offener Wissens- und Ideenaustausch sowie schnellere und effizientere Zusammenarbeit bleiben aus.

Die Entscheider und Verantwortlichen sind frustriert und desillusioniert und betrachten die Einführung des Digital Workplace als gescheitert.

Gründe für das Scheitern

Die oben genannte, eingängige und leicht greifbare Definition des Digital Workplace, führt direkt zu dem ersten kapitalen Fehler, der so viele Digital Workplace Projekt scheitern lässt: die alleinige Reduktion auf die Technologie. Die erfolgreiche Einführung des Digital Workplace beruht auf dem erfolgreichen Zusammenspiel der drei Faktoren: Technologie, Organisation und Kultur. Das bedeutet im Umkehrschluss eben genau das: eine neue Plattform ohne die entsprechende Anpassung der Organisation und ohne eine Begleitung der Mitarbeiter bei der Adaption ihrer Arbeitsweisen führt zwangsläufig zu einem Scheitern der Digital Workplace Einführung.

Die Bedeutung von sog. Change-Management oder Enabling oder einer Veränderungsbegleitung ist inzwischen glücklicherweise den meisten bekannt. Wenn intern die Ressourcen, das Know-How oder die Initiative fehlen, werden oft externe Berater oder Experten hinzu geholt. Leider werden häufiger als man denkt Empfehlungen und Ratschläge dieser Experten in den Wind geschlagen, nur halbherzig umgesetzt oder aufgrund von Budget- oder Ressourcen-Engpässen irgendwo in die Zukunft geschoben. Der zweite Grund für das Scheitern einer Digital Workplace Einführung ist also das Nicht-Umsetzen entsprechender Change- oder Anpassungsmaßnahmen.

Ein Hindernis darf dich nicht stoppen – nur herausfordern
„Sie haben 793 neue Nachrichten“ – sagte mir mein Mailprogramm vor kurzem, als ich es nach meinem Urlaub das erste Mal wieder öffnete. Was hat das denn mit Inbox Zero zu tun? Gar nichts erst einmal, aber nach dem Urlaub ist das wohl auch erlaubt.

Selbst wenn der Wille sowie Budget und Ressourcen für begleitende Veränderungsmaßnahmen und die Befähigung der Mitarbeiter zu anderem Arbeiten in einem Unternehmen vorhanden ist, kann noch einiges schief gehen. Es gibt Methoden und Maßnahmen, die sich bei einigen Unternehmen als hilf- und erfolgreich bei der Einführung des Digital Workplace gezeigt haben. Angefangen von der Art des Rollouts (big bang oder schrittweise), über Multiplikatoren- und Ambassadorenprogramme bis hin zu bunten Würfeln auf dem Schreibtisch, die durch ihre Haptik die Botschaft der Kommunikationsmaßnahme verstärken soll. Aber: was in einem Unternehmen funktioniert hat, muß nicht zwangsläufig auch in einem anderen funktionieren. Die falschen Change-Management und Enabling-Maßnahmen können wirkungslos verpuffen und damit genau so wenig bewirken, wie der komplette Verzicht auf eine Veränderungsbegleitung.

Die hier genannten Gründe sind sicher bei weitem noch keine vollständige Liste aller möglichen Gründe und Ursachen für das Scheitern der Digital Workplace Einführung in Unternehmen. Aber für mich persönlich sind dies die Gründe, die zumindest eine ziemlich große Rolle spielen.

Wie man das Scheitern der Digital Workplace Einführung verhindern kann

Ob sich das Scheitern der Einführung des Digital Workplace in Unternehmen nun durch geeignete Begleitmaßnahmen vermeiden lässt, kann man nicht vorhersagen. Auch der grundsätzliche Veränderungswillen der Beschäftigten spielt eine nicht unwichtige Rolle. Aber man kann definitiv durch geeignete Herangehensweisen die Wahrscheinlichkeit des Nicht-Scheiterns erhöhen.

Change Management als Treiber deines Business
„Change Management? Herr Nünningshoff, ich bitte Sie. Was sollen wir denn damit? Wir sind so flexibel aufgestellt, dass wir dafür nicht extra noch ein Projekt brauchen“.

In meinen Augen ist die gründliche Analyse des Status Quo eines Unternehmens im Vorfeld die beste Basis für den Umsetzungserfolg. Obwohl ich normalerweise ein großer Fan davon bin, Dinge einfach mal auszuprobieren, loszulegen anstatt zu quatschen und ganz lean zu starten, ist wilder Aktionismus, wenn es um die Einführung des Digital Workplace geht, fehl am Platz.

Unternehmensanalyse als Grundlage für die Einführung des Digital Workplace

In der Analysephase vor der Umsetzung und Einführung des Digital Workplace in einem Unternehmen geht es darum, die aktuellen Kommunikations-, Zusammenarbeits- und Informationsbeschaffungsprozesse, die vorherrschenden kulturellen Barrieren, das Technologie-Nutzungsverhalten und andere Einflussfaktoren zu identifizieren. Auch die grundsätzliche Motivation für den Digital Workplace muss hinterfragt und verstanden werden. Obwohl es im letzten Schritt immer um dasselbe geht, nämlich den Einsatz von digitalen Tools und Lösungen zur besseren Vernetzung der Mitarbeiter, zum leichteren Wissensaustausch zwischen unterschiedlichen Unternehmenseinheiten, zur Verbesserung der internen Kommunikation oder zur Beschleunigung von Prozessen, machen die Beweggründe einen Unterschied.

Gründe für die Digital Workplace Einführung

Mal führt ein Unternehmen ein ESN (Enterprise Social Network) ein, implementiert ein Social Intranet oder “macht Wissensmanagement”. Genauso vielfältig wie die Bezeichnungen für die interne Digitalisierung von Unternehmen sind, sind die Beweggründe für die Einführung des Digital Workplace. Mal ist es das Auslaufen des Supports für eine veraltete Technologie und mal hat die IT-Abteilung eine neue Softwarelösung gekauft, die nun auch sinnvoll genutzt werden soll.

Ein andermal bedingt die neue Unternehmensstrategie mit digitalen Geschäftsmodellen die interne Digitalisierung, um mit der Geschwindigkeit der äußeren Entwicklung mithalten und innovationsfähig bleiben zu können.

Häufig fordert auch die Unternehmenskommunikation ein zeitgemäßes Kommunikationsmedium für den Kontakt zum Mitarbeiter oder Fachbereiche verlangen nach digitalen Arbeitsräumen, weil Teams in unterschiedlichen Zeitzonen oder an verschiedenen Standorten sitzen und dies die face-to-face Zusammenarbeit erschwert oder unmöglich macht.

Und manchmal ist es der Wunsch Ineffizienzen durch Doppelarbeit zu vermeiden (weil man gegenseitig nichts voneinander wusste), Geld zu sparen, indem man Mitarbeiter remote einstellt und so die Bereitstellung von physischen Arbeitsplätzen bleiben lassen kann, oder der Verzicht auf Papier und die Umstellung zum sog. Paperless Office.

Die Beweggründe sind für die Einführung und die entsprechenden Veränderungsbegleitungsmaßnahmen genauso wichtig wie die Unternehmensstrategie und -vision. Sie bilden zusammen die Leitplanken und den roten Faden für die Kommunikationskampagne zur Einführung, die Priorisierung der Anwendungsfälle und Pilotgruppen, die Rollout-Strategie und weitere Aspekte.

Anwendungsfälle der Mitarbeiter

In der Analysephase geht es vor allem darum, die relevanten Anwendungsfälle der Mitarbeiter zu identifizieren. Ausgehend von den aktuellen Arbeitsweisen und Zusammenarbeitsprozessen können dann Anwendungsfälle abgeleitet werden. Diese erleichtern die Einführung und erhöhen das Verständnis für die neue Plattform, da die Nutzung über den Anwendungsfall direkt mit dem Arbeitsalltag des Mitarbeiters verknüpft ist. Es gibt ganz klassische Anwendungsfälle, wie z.B. dokumentenbasierte Zusammenarbeit, die sich in jedem Unternehmen finden. Andere Anwendungsfälle sind allerdings sehr unternehmensspezifisch bzw. spielen je nach Organisationsstruktur und Geschäftsfeld eine unterschiedliche Rolle. Um den o.g. Effekt des Anwendungsfalls bei der Einführung nutzen zu können, ist es deshalb wichtig das Unternehmen im Vorfeld zu analysieren. Dies ermöglicht überhaupt erst die Definition der passenden Anwendungsfälle.

Unternehmenskultur und Kollaborationsbarrieren

Nutzt man für die Analysephase die Methode der Mitarbeiterinterviews, ermöglicht dies beim richtigen Einsatz auch einen guten Blick hinter die Kulissen. Die Art und Weise wie Mitarbeiter ihren Arbeitsalltag beschreiben, welche Probleme oder Herausforderungen bei Kommunikation und Zusammenarbeit sie benennen sowie die Worte die sie wählen um ihre Suche nach Informationen und Experten darzustellen, entwerfen ein erstaunlich gutes Bild der Unternehmenskultur und existierender Zusammenarbeitsbarrieren. Die Erfassung dieser in der Analysephase ist ein wichtiger Schritt für die Erarbeitung von unternehmensspezifischen Change Management Maßnahmen und den Entwurf individueller Einführungskommunikation und -programme. Je näher dieser an der jeweiligen Unternehmens-DNA sind und zu den Menschen, der Führungskultur und den Werten eines Unternehmens passen, desto größer ist ihr Wirkungsgrad und somit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Digital Workplace Einführung.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass ein Scheitern einer Digital Workplace Einführung verhindert werden kann, wenn der erste Schritt eine gründliche Analyse ist, auf deren Grundlage dann die auf das Unternehmen individuell zugeschnittene Einführung und die passenden Veränderungsbegleitmaßnahmen definiert und geplant werden. In einem zweiten Schritt muss dann natürlich auch das Budget für entsprechende organisatorische Umstrukturierungsmaßnahmen und die Begleitung der Veränderung von Kultur und Arbeitsprozessen bereit stehen. Ebenso wie der Wille, diese ganz gezielt umzusetzen und zu akzeptieren, dass diese vielleicht anders aussehen, als man dies von anderen Unternehmen gehört hat. Das dabei der Mut für die Veränderung und die Ausdauer, den langen Veränderungsprozess durchzuhalten gegeben sein muß, versteht sich von selbst.

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Digital Workplace Expertin | Dr. Jenny Meyer
Seit über 12 Jahren beschäftige ich mich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsplatz und die Zusammenarbeit von Menschen in Unternehmen.

Foto von Hugo Barbosa auf Unsplash

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